Wenn wir unseren
Hund nicht genug beschäftigen, verkommt er. Er ist unterfordert und wird
verblöden. Wenn wir unseren Hund allerdings zu viel beschäftigen, erleidet er
ungesunden Stress, ist überfordert und wird uns wahrscheinlich irgendwann in
den Arsch beißen.
Und wieder streitet
das Hundeforum über die artgerechte Beschäftigung für unsere Lieblinge.
Hm… während ich bei
meiner morgendlichen Lektüre im Hundeforum bemüht bin, Wissenschaft, Tatsachen,
Beobachtungen, Träume, Wunschgedanken und gesunden Menschenverstand voneinander
zu trennen, schaue ich auf Max, der zu meinen Füßen liegt.
Was sagt der Hund
dazu?
„Willst du
beschäftigt werden?“ frage ich Max und er hebt gerade mal eine Augenbraue bevor
die Nickhaut wieder das bereits schlafende Auge verschließt und meine Gedanken
wandern zu dem Rest der Welt, der auch nicht ohne Hunde lebt.
In den meisten
Ländern, die ich in meinem Leben bereiste, konnten die dort ansässigen Hunde
–ohne besonders viel Beachtung durch den Menschen zu erfahren- einfach nur da sein
und sich ihre Beschäftigung selber suchen. Sie lungerten, meinen Beobachtungen
zufolge, meistens irgendwo rum und fingen an, in Wallung zu kommen, wenn sich
ein Fremder den Dörfern näherte. In dem sie mit lautem Gekläffe ihren Bewohnern
mitteilten, dass da irgendwer rumschleicht, der da eigentlich nix zu suchen
hat, erfüllten sie ihren Job und bekamen dafür die Essensreste. So weit, so
gut.
Hier in meinem
wohlig warmen Wohnzimmer ist niemand zu bewachen und Max hat das irgendwie auch
nicht so drauf als echter Labbi. Er ist ja ein Familienhund.
Ursprünglich
gezüchtet, um die Fischernetze in eiskaltem Wasser an Land zu zerren wurden seine
Vorfahren im Packeis wahrscheinlich mit Fischköpfen gefüttert, lungerten
ansonsten im Schneegestöber rum (da es mit ziemlicher Sicherheit im Packeis bei
minus 40 Grad keine Touristen zum Verbellen gab), deckten die Nachbarshündin
hinterm Eisberg und gut war’s.
Nun liegt Max als
Nachfahre der einstigen echten Labrador-Retriever hier im Wohnzimmer, das
Packeis ist weit entfernt und ich bin kein Fischer. Daher haben die hiesigen Züchter
eifrig weiter gezüchtet, damit Max –den gesellschaftlich/kulturellen
Gegebenheiten angepasst- ein Familienhund wird.
Was heißt das nun
konkret?
Ein Labbi ist
freundlich
Klingt erst mal
gut, heißt aber tatsächlich, dass er zu jedem hin will, ob 2, 4, 6 oder 8 Beine
– um zu begrüßen, zu schnuffeln, zu springen und zu schlabbern. Dieses
freundliche, verspielte und nahezu welpenhafte Verhalten ändert sich auch nach
6 Jahren noch nicht. Man nennt das in Hundekennerkreisen: Der Hund ist gut
sozialisiert.
Ein Labbi liebt
Wasser
Als Max zu uns kam,
wusste ich das bereits und dachte an die schönen sauberen Seen in unserer
Gegend hier. Das sich Wasser auch in Drecklöchern, Sausuhlen und Schlammpfützen
befindet, erfuhr ich erst durch Max. Und direkt nach dem Bad muss er die
frische Erde im Wald aufgraben, um sich darin zu wälzen. Was heißt das konkret?
Nichts anderes als alle echten Berberteppiche aus dem Hause zu verbannen und
den Traum vom sauber gepflegten Hausinneren nach Einzug des süßen Welpen zu
begraben !
Ein Labbi hat
einen ausgeprägten „will to please“
Hat er, denn er
will überall dabei sein und helfen. Er klaut Socken, Schuhe, wühlt in fremden Taschen
und räumt die Schmutzwäsche wieder aus der Maschine. Man sollte also niemals
„Neeiiiin“ schreiend hinter einem Labbi her rennen, denn das findet er toll,
denn eigentlich hat er uns ja aus unserer langweiligen Eintönigkeit gerissen
und uns tatsächlich „gepleased“. Für eine
Leberwurst tut er alles, gibt sogar Pfötchen, schmeißt sich auf den Boden,
schaut traurig, und tut so, als wäre er seit Wochen weder gefüttert noch
gestreichelt worden und wieder sind wir „gepleased“, denn der ist ja sooo süß.
Einziger Wermutstropfen: Er möchte JEDEN pleasen…
Ein Labbi ist
ein aufgeweckter Hund
Jawohl, wer ist da
wohl an der Türe? Das muss er doch abchecken. Er möchte gerne alle Post selber
„öffnen“, nach dem er den Postboten abgeschlabbert hat und dem Schornsteinfeger
noch einen ganz kleinen Nasenkuss geben, nachdem er seinen Kopf mal nur kurz in
die Kaminklappe gesteckt hat, um zu sehen, was der Typ da eigentlich macht.
„Ich will keine Hilfe!“ -und das in nicht gerade sozialisiertem Ton- ist der
Standardspruch aller Handwerker, die unser Haus betreten.
Realistisch gesehen
erstreckt sich die Familie meines Familienhundes auf die gesamte Menschheit mit
all deren Begleitern und interessanten Dingen, die die da so mit sich schleppen.
Dabei ist es vollkommen gleichgültig, ob der Rest der Menschheit geliebt werden
möchte oder nicht.
„Man soll seinen
Hund nehmen wie er ist und ihm seine Persönlichkeit belassen…“ höre ich noch
den Nachklang des Hundeforums, als ich mein Laptop zuklappe und Max mit meinem
Stiefel im Maul schwanzwedelnd vor mir steht.
Die Zweifel, dass
mir dieser Ratschlag unter meinen Mitmenschen wahrscheinlich mehr Feinde als
Freunde beschert, wische ich zur Seite, denn Max liebt auch die, die ihn nicht
mögen – und ich kann in dieser Beziehung wahrlich noch viel von ihm lernen.
Was kann ich nun
mangels sauberen Meeresfluten, Packeis, Fischernetz und angesichts der meistens
etwas pikiert dreinschauenden Nicht-Familienmitglieder tun, um Hundi zu
beschäftigen?
Nun, ich hatte ja
schon einiges zur Jagd geschrieben – aber wir sind ja nicht den ganzen Tag
draußen, um Beute zu machen. Also habe ich mir für das Innere des Baus folgende
Freuden ausgedacht:
Wir spielen Schach:
Wir spielen „Haus“
Klopapierrollen mit
Schleckerlis füllen, von außen verschließen, ab in den Karton, Karton
schließen.
Max hat richtig Arbeit
Schleckerli-Rolle öffnen
und ansonsten....
...freuen wir uns immer wieder auf Handwerker, Schornsteinfeger und Postboten
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