Die andere Welt




Das Jahr neigt sich dem Ende. Nur noch eine Woche bis Weihnachten. Über Nacht hat es noch einmal mächtig geschneit.



Max altert vor sich hin und ist – wie es sich für sein Alter gehört – ein fröhlicher, zauseliger und multimorbider Hund.




Natürlich machen ihm seine alten Knochen zu schaffen und auch seine Taubheit ist nicht einfach für ihn, da er Geräusche nicht mehr richtig einordnen kann.

In seiner leichten Demenz ist er jedoch sehr sicher, dass er da hin will, wo nix ist und er nicht weiß, was dort sein soll. Er kann dann eine enorme Geschwindigkeit entwickeln und ich erhalte mir so meine Sportlichkeit, ihn rechtzeitig einzufangen, bevor er am Horizont verschwindet. Er ist dann sozusagen in einer anderen Welt und nimmt mich gar nicht wahr. Man kann richtig sehen, wie er aus dieser Welt zurückkommt, mich sieht und freudig wedelt.

Das Fresszentrum, der größte Teil von Max Gehirn, ist jedoch absolut intakt und durch eine vollkommen undurchlässige Membran vor sämtlichen Demenzanfällen so sicher geschützt wie die Goldreserven in Fort Knox.

Viele seiner Rituale aus der Junghundzeit erscheinen jetzt wieder und Max erinnert mich manchmal an einen alten Menschen, der zwar seine Jugendzeit klar vor Augen hat, jedoch nicht so richtig weiß, wer gerade zu Besuch war.

Sein Tag-/Nachtrhytmus ist etwas durcheinander geraten. Um vier Uhr morgens ist die Nacht vorbei.

Max hat seit einigen Wochen Angst, nachts alleine zu bleiben und jammert laut nach Unterstützung, wenn seine tauben Ohren etwas vernehmen, was eigentlich gar nicht da ist. Also schlafe ich nun unten und kann ihn schnell beruhigen.

Seit einiger Zeit hustet er, was sich nach dem Tierarztbesuch (trotz sehr einfühlsamer Tierärztin für Max Vollstress) so sehr verschlimmerte, dass wir dachten, Weihnachten ohne Max verbringen zu müssen, besonders, als er während des Spaziergangs einfach umfiel, so schnell und plötzlich, als hätte man ihn erschossen. (Während der Suche nach einem Leckerli vom Schlag getroffen und hinan gegangen – gar nicht schlecht)

Die Tierärztin meint, das könne sehr vieles sein, von Speiseröhre bis Herz, Lunge, Magen oder tumoröses Geschehen. Um genaueres zu erfahren, wären weitere Untersuchungen nötig, die wir uns jedoch ersparen werden, da Max Stress beim Tierarztbesuch sich erheblich schlimmer auswirkt als jede ätzende Diagnose.

Die erfreuliche Nachricht: Nach einer Woche Husten-Bronchialtee mit Honig ist Max Husten so gut wie weg... er ist wieder fröhlich und findet es einfach nur geil, sich morgens um vier im Garten im hohen Neuschnee zu wälzen...

Nun hoffen wir alle auf eine friedliche, stresslose Weihnachtszeit.









 

 
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