Für den individuellen freiheitsliebenden Menschen ist Routine ein anderes Wort für den Alltag, das täglich immer Gleiche, das, was zwischen dem „wirklichen“ Leben passiert und sich wie klebrige Plastikperlen aus der immer gleichen Stanzmaschine an die Kette der vergangen Tage reiht.
Ich habe festgestellt, dass mein Hund mit diesen elementaren Gedanken nicht ganz einverstanden zu sein scheint. Er mag diese langweilige Routine. Ja, er fordert mich durch ein Grunzen geradezu auf, diese Routine auch noch mit ihm zu teilen.
Da ich morgens keinem Zeitdruck unterliege (die arbeitende Bevölkerung möge mich jetzt beneiden!) und ich keine kalte Hundeschnauze auf der Wange mag, die mich gar plötzlich aus meinem Rem-Schlaf reißen würde – hat sich Max überlegt, sein Köpfchen auf mein Kissen zu legen, ganze nahe bei mir, um mir ins Ohr zu atmen. Max braucht dazu keine vom Menschen erfundene Uhr, denn er weiß auch ohne diese albernen Hilfsmittel, dass es jetzt 7.00 Uhr morgens ist. Je nach Fortschreiten der Zeit und meiner für ihn offensichtlichen Trägheit wird sein Atmen von Seufzern unterstützt, die dann in einem Geschmatze ihren Höhepunkt finden. Ich habe also einen keuchenden, seufzenden und schmatzenden Wecker direkt neben meinem Ohr, so dass ich ebenfalls keine technischen Hilfsmittel mehr benötige um zu wissen, dass es jetzt 7.00 morgens ist.
Ich schleiche also mit meinem hocherfreuten Hündchen, der mich darauf aufmerksam macht, das dies ein Tag ist wie kein anderer, nach unten, um mit Hilfe eines frisch gebrühten Kaffees wach zu werden. Während ich meine Mails abrufe, schläft Max bereits wieder friedlich, denn ich bin ja jetzt wach. Er schnarcht sogar manchmal und träumt lautstark vor sich hin, was mich erfreut, denn jetzt kann ich mich leidenschaftlich ins Internet stürzen, lesen, schreiben oder an meiner Homepage basteln.
Ein Grunzen erinnert mich um ca. 8.00 Uhr, dass wir die Nachbarin mit ihrer entzückenden Hündin auf keinen Fall versäumen dürfen. Auch hier hat Max verschiedene Grunzlautstärken erfunden, falls ich allzu sehr in meiner Literatur vertieft diesen wichtigen Event durch meine Unachtsamkeit versäumen könnte.
Um 12.00 Uhr ist Spielen angesagt, denn wir üben ja Rock’n Roll, oder es sollte wenigstens der Haushalt wegen eines spannenden Buches, welches ich gerade lese, nicht brach liegen. Max schaut mich schon vorwurfsvoll an, denn es ist bereits viertel nach Zwölf! Während ich die Wäsche in die Waschmaschine stopfe, prüft Max ob ich überhaupt das Zeug richtig sortiert habe, denn wir sind uns in diesem Punkt noch nie sofort einig geworden.
Das Häuschen blitzt, die Rock-n Rolle sitzt und ich lasse mich aufs Sofa fallen – da erinnert mich Max, dass es schon 14.30 Uhr ist. Er hat ja bereits stundenlang geduldig gewartet und mir sogar bei der Hausarbeit geholfen. Das Terrassenfenster ist blankgeschlabbert, oder etwa nicht? Der Nachmittags-Trainings-Klicker-Exkurs ist längst überfällig und wer weiß, was in der Zwischenzeit da draußen alles passiert ist!
Die Äpfel sind reifer, und es war ein neuer Rüde im Revier! Max hat es gleich geahnt, nur ich Trottel trotte hinter her und schnalle natürlich wieder mal gar nichts. Ich sammle ein paar Äpfel für einen Kuchen, denn sie sind tatsächlich reif. Max findet den Ast der Äste, die anderen 153 Äste auf dem bereits recht ansehnlichen Haufen auf unserem Grundstück sind mit DIESEM nicht zu vergleichen, der muss auf jeden Fall mit. Der Bach ist schmutziger als gestern, durchsetzt mit fauligem Laub, das sich in Schleim verwandelt hat und Max findet das toll. Wir jagen die ersten der Bäume entfliehenden Blätter – es wird Herbst.
Max und ich genießen die Nachmittagsruhe und während die Super-Nanny im Fernsehen irgendwas von Hundeerziehung säuselt, driften wir beide ins Land der Träume… Max beißt der Nachbarskatze endlich in den Hintern und ich lese mein Buch ungestört zu ende.
Es ist 7.00 Uhr abends und mein Mann sagt, nach dem er Max’ Grunzen vernommen hat, dass er jetzt kurz noch mal mit dem Hund geht und ihm dann sein Abendmahl bereitet…
Wir haben unseren Hund voll im Griff! Wir sind immer noch dieselben Abenteurer von damals, wir lieben die Freiheit und nichts und niemand wird das jemals ändern!
Denn wir hassen Routine!!
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